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Der Begriff Identität kann in ganz unterschiedlicher Art und Weise verstanden werden. Nach dem Duden steht Identität für die „Echtheit“ einer Person oder einer Sache und dafür, mit anderen oder mit einer Sache (z.B. einer politische Bewegung) übereinzustimmen.1
Identität ist zunächst einmal eine Selbstbeschreibung von dem, was einen persönlich ausmacht. Gleichzeitig knüpft sie oftmals an die Identität anderer an, wodurch sich dann Einzelne einer bestimmten Gruppe zugehörig fühlen. Die Psychologie beschreibt Identität daher auch als ein „Erleben von sich selbst als dazugehörig“2 – im Klartext: ein Einzelner fühlt sich einer Gruppe zugehörig, er passt dazu – zum Beispiel vertritt er die gleichen Ansichten wie die Gruppe oder er gehört der selben Religion an oder ist Fan der gleichen Fußballmannschaft.
Der Einzelne findet in dieser Gruppe seine Meinungen und seine Werte wieder, dies gibt ihm Halt und Orientierung. Von kultureller Identität spricht man, wenn der Einzelne sich selbst aufgrund kultureller Eigenschaften als einer Gruppe zugehörig empfindet.3
Neben dem Begriff der kulturellen Identität spricht man auch von kollektiver Identität. In diesem Fall erkennen Einzelpersonen, was sie gemeinsam haben und wie sie gemeinsam handeln können.4 Kollektive Identität ist dann in vollem Ausmaß erreicht, wenn die Einzelpersonen ihre individuellen Unterschiede vergessen und als Kollektiv handeln.5
Weder der Begriff der kulturellen noch jener der kollektiven Identität ist unangefochten. Beide werden in verschiedenen Punkten kritisiert, dazu finden sich am Ende dieses Artikels Literaturhinweise.
Wenn heute davon gesprochen wird, die deutsche Identität zu schützen oder diese zu stärken, wird Identität in einen direkten Zusammenhang mit Nationalität gebracht, in diesem Fall spricht man von nationaler Identität. Die Nation stellt in diesem Fall den Bezugspunkt für die Gruppe dar; das Gefühl der Zugehörigkeit wird dadurch ausgelöst, sich etwa als deutsch, französisch oder polnisch zu definieren. Nationalität wird zum festen Bestandteil der Selbstbeschreibung. Interessanterweise reicht es aber für gewöhnlich nicht aus, die jeweilige Staatsangehörigkeit zu besitzen, um auch von der entsprechenden Gruppe akzeptiert zu werden. Dazu müssen verschiedenste Bedingungen erfüllt werden, die von Gruppe zu Gruppe unterschiedlich und nicht allgemein festgeschrieben sind. Viele Gruppen pochen auf identische Werte oder ähnliche Glaubensvorstellungen. Manche stecken ihre Kriterien noch enger ab.6
So gibt es zum Beispiel seit einiger Zeit Personengruppen, die sich als „biodeutsch“ bezeichnen. Für diese Gruppe würde ein deutscher Pass alleine nicht ausreichen, sich als Teil einer deutschen Nation betrachten zu können. Wie das Wort „Bio“ schon vermuten lässt, schwingt hier der Gedanke von „Unverfälschtheit“ mit. Zu den „Biodeutschen“ zählt dann nur, wer in mehreren Generationen auf deutsche Vorfahren zurückblicken kann.7
Neben den unterschiedlichen Merkmalen, die erfüllt sein müssen um einer Gruppe anzugehören, hängt der Begriff der nationalen Identität auch mit Emotionen zusammen. So ist zum Beispiel die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Nation bei der einen Gruppe mit starken Emotionen wie etwa Stolz oder Sicherheitsempfinden verbunden. Für andere wird die Nationalität ohne große Emotionen zur Kenntnis genommen; für diese Gruppe sagt die Zugehörigkeit zu einer Nation nichts über sie selbst aus.8
Die Identität einer Person ist demnach nicht festgeschrieben – weder die Identität, die sich die Person selbst gibt, noch die, die ihr durch ihr Umfeld zugeschrieben wird. Jeder kann seine Identität verändern, indem er zum Beispiel seine Überzeugungen oder seine Definition davon ändert, wer als deutsch gilt und wer nicht. Das bedeutet aber auch, dass es keine klare Definition davon gibt, was als deutsche Identität angesehen wird und was nicht. Solche Definitionen werden immer durch die jeweilige Person oder Gruppe bestimmt.
Weitere Literatur:
Bernhard Giesen; Robert Seyfert: Kollektive Identität, 18.3.2013, http://www.bpb.de/apuz/156774/kollektive-identitaet?p=all
Jan Assmann: Das kulturelle Gedächtnis. Schrift, Erinnerungen und politische Identität in frühen Hochkulturen, 6. Aufl., München 2007.
Aleida Assmann; Heidrun Friese: Identitäten. Erinnerungen, Geschichte, Identitäten, Bd. 3, Frankfurt am Main 1998.